Klettern in den Arapiles

Seid gegrüßt Fellas!

Dieser Eintrag hat nun doch länger gedauert, als im letzten angekündigt (ich sollte keine voreiligen Ankündigungen machen 🤔). Aber hier ist er und es geht um die beste Zeit, dich ich seit längerem hatte. Endlich konnte ich mal wieder klettern gehen und mich selber sozialisieren. In Zeiten von COVID-19 ist es nicht wirklich einfach soziale Kontakte zu knüpfen. Vor allem, wenn man maximal 2 Wochen an einem Ort ist und davon auch noch 40h und mehr arbeitet. Da kann ich noch froh sein, mit Elli eine sehr nette und lockere Arbeitskollegin um mich zu haben! Aber es ist vermutlich mehr als selbstverständlich auch mal andere Leute sehen zu wollen. Da kam mir ein Klettertrip sehr gelegen!

Australien ist vor allem eins: FLACH. Es gibt Gebirgsketten und Felsen, aber auf die gesamte Fläche des Kontinents gesehen ist das voll vernachlässigbar. Da kann ich echt vom Glück reden, genau an dem Punkt zu arbeiten, an welchem sich die besten Felskletterbedingungen des kompletten Landes befinden! Da ich nur wenige Tage Zeit hatte, hab ich mir für meinen Ausflug einen Guide gebucht. Dieser hat mich netterweise von meinem frostigen Bauernhof abgeholt und dann gings auch schon los.

Wir durchquerten den letzten Ort Natimuk, cà 10km von diesen fetten Felsen entfernt und die Arapiles kamen immer näher. Meine Hände und Füße wurden mit jedem Meter immer schwitziger. Meine Vorfreude wuchs ins unermessliche. Der letzte Schotterweg verlief parallel zu den gigantischen Wänden und ich konnte das Quarzitgestein bewundern. Einfach nur wunderschön. Mehr als 2000 Routen befinden sich hier. Angefangen von sehr einfachen Routen im Grad 11 (australische Skala) bis hin zu megaharten Routen im 32sten Grad.

Die Arapiles sind dafür bekannt, in jedem Schwierigkeitsgrad mehrere sehr gute Routen in petto zu haben. Und das alles sehr konzentriert an einem Ort. Megageil 🤩🤩🤩!!! Als absoluter Newbie (wie ich) sollte man trotzdem nicht dorthin gehen. Das liegt unter anderem daran, dass die Kletterphilosophie sich ein wenig von der unterscheidet, wie ich sie in den Felsen Thüringens kennengelernt habe. Hier wird Trad geklettert. Das bedeutet, dass keine Bohrhaken als Zwischensicherung im Fels exisiteren. Ein sicherer Umgang mit Keilen, Cams (Friends) und dem Legen von Schlingen als Zwischensicherung sollte hier jeder beherrschen. Aber das konnte ja mein überaus fähiger Guide Rob. Ich bin lediglich im Toprope hinter im her geklettert und hab mich voll und ganz auf diese einzigartigen Linien konzentriert und jeden Kletterzug genossen.

Ein Vergleich der unterschiedlichen Schwierigkeitsskalen. In Deutschland wird meistens die UIAA Skala angewendet. International hat sich die französische Skala (Francia) durchgesetzt. Australien und Neuseeland hat eine eigene Skala (AUS).

Quelle:  https://www.guidedolomiti.com/en/rock-climbing-grades/

Die erste Route hieß Agamemnon. 40 Meter die in 2 Pitches aufgeteilt wurden von sehr einfacher Schwierigkeit. Wunderschönes Kaminklettern mit ausreichend Griffen und Tritten. Perfekt für mich, um mich an den Fels und das Klettern zu gewöhnen. Außerdem ist es das erste mal, dass ich Multipitchrouten, also Routen die wesentlich länger sind und somit in mehrere Sektionen eingeteilt werden, klettere. In Thüringen gibts davon nicht wirklich viele, sodass ich da noch nicht die Möglichkeit gehabt habe. Die nächste Route war Muldoon. Einfach den Füßen vertrauen und hoch.  Die ganze Kletterei war echt dufte. Nach dem Mittag ging es zum The Pharos. Dies war ein eigener Felsbrocken. Wir bestiegen diesen durch die Route Lamplighter. Der erste Pitch war ziemlich easy going. Der zweite Pitch war für mich schon eher herausfordernd. Anfangs ging es darum die Balance nicht zu verlieren. Es ging rechts einer ausgesetzten Kante entlang. Eine typische Kletterei für den Kopf. Nur nicht zu viel nachdenken, ruhig und gelassen das Ganze angehen! Die Crux war ein breiter Riss am Ende. Ich tendiere oftmals dazu, wenn der Riss zu breit ist, mich vollständig darin zu verkriechen, sodass ich fast Bewegungsunfähig bin. So auch diesmal 🙄. Oftmals ist es dann, wenn man die Crux überwunden hat, erstaunlich einfach. Es ist halt alles nur Kopfsache. Der letzte Pitch Lamplighter’s war extrem episch und führte zum Schluss zu einem Dach, unter welchem man ca 8m traversieren musste. Extrem geile Kaminkletterei mit welcher ich erstaunlich wenig Probleme hatte. Meine Größe kam mir in diesem Abschnitt definitiv gelegen. Dann hieß es nur noch übers Dach auf The Pharos und den Ausblick genießen. Mega Befriedigend. Dadurch, dass wir danach noch ein wenig Zeit hatten gings noch D Minor hinauf. Diese hatte 2 Überhänge am zweiten Pitch. Einfach ruhig bleiben, ordentlich stehen, eindrehen und hinauf 🤙. Wow, war das ein geiler Tag! Am Ende sind Rob und ich 9 Pitches mit insgesamt 195m geklettert. Die Routen waren allesamt nicht schwer aber das Abenteuer war riesig. In Krabi (siehe alter Blog) lag der Fokus viel mehr darauf, schwieriger zu klettern. Hier stand das Abenteuer im Vordergrund, was auch die ganze Kletterphilosophie der Locals in den Grampians/Arapiles widerspiegelt.

The Grampians is so much more than a natural landscape that provides recreational opportunities for many in the broader community. It is Gariwerd. It is our place of worship, our Cathedral, our library, our historical centre, our theatre, our art gallery and so much more. Gariwerd is the Keepsake of our stories, traditions and identity in an ancient cultural landscape that has been altered beyond its recognisable bonds to stories of creation. It is an island in a landscape that for the worst part, now reflects our destruction.

John Clarke

[2]

 

Auch wegen solcher Gespräche bin ich Rob unheimlich dankbar. Und nicht nur, weil wir in vielen Dingen auf einer Wellenlänge schweben, sondern auch weil ich einfach nur ein cooler Typ bin 😎, hat er mich das folgende Wochenende auf den nächsten Klettertrip eingeladen. Diesmal als reine Seilschaft unter Mates. Diese Klettertour war leider, aufgrund des Wetters, nicht so lang. Aber mit 4 Pitches und 142m war sie wesentlich länger als die vorherigen. Sundance ist sehr technisch und vor allem: Trust your Feet!!! Sehr angenehm und nicht anstrengend. Am Abend lud mich Rob noch zu seinen Freunden ein. Dort gabs Pizza, Wein und Brettspiele. Ein echt perfekter Abschluss für die Zeit in Horsham.

Eine Sache die mir noch wichtig ist, ist der Fakt das einige Klettergebiete in den nahe gelegenen Grampians nicht mehr zugänglich sind. Das ist ein überaus diffiziles Thema, wo ich finde, dass so mancher Ansatz einfach nur Schrott ist.

In so ziemlich jeder Kletterhalle in Melbourne die ich besucht habe, befindet sich ein Plakat [1] welches dafür wirbt, dass die Schließung der Klettergebiete in den Grampians aufhören soll. Im Grunde bin ich immer für die Erschließung neuer Klettergebiete. Nach meiner Erfahrung ist die Klettercommunity sehr Naturverbunden und schützt diese auch aktiv. Speziell in Australien und der bereits genannten Philosophie des Trad Kletterns wird der Fels fast nicht verändert. Im Falle der Grampians sind die Bedingungen aber komplett verschieden.

Die Traditional Owner dieses Kontinents sind die Aboriginals und deren Rechte werden seit der Ankunft der Europäer im 17. Jahrhundert mit Füßen getreten. Deren heilige Städten werden nunmal im verborgenen gehalten. Und so kam es, dass neben bzw an diesen Orten viel geklettert wurde. Die Routen erscheinen dann in Kletterführern bzw. sind frei im Netz verfügbar. Dies ist natürlich (mal wieder) ein Schlag in die Fresse für die Aboriginals. Ich gehe davon aus, dass kein Kletterer die Absicht hat, respektlos mit diesen Orten umzugehen. Jedoch war die Kommunikation zwischen den Parteien nicht ideal, weswegen das Verhältnis zu den Traditional Ownern extrem angespannt ist. [2]

Die Schwierigkeit besteht auch darin festzustellen, was nun eine heilige Städte ist und was nicht. Viele sind nicht offensichtlich ersichtlich, da sie mehrere tausend Jahre alt sind. Fragen ist auch schwierig, da viele Ureinwohner einfach abgeschlachtet wurden [3]. Australien hat eine extrem brutale und dunkle Geschichte [4]. Dieses rassistische Denken ist nach wie vor in der Gesellschaft vorhanden. Da reicht ein einfacher Besuch im Supermarkt, um festzustellen wie viele Idioten auch hier herumlaufen.

Es ist einfach nicht richtig mit einem Plakat und einer Petition dafür zu werben, die Kletterverbote aufzuheben. Als ich dieses zum ersten mal sah, dachte ich auch, dass es keinen offensichtlichen Grund dafür gibt. Aber es wird überhaupt nicht aufgezeigt, weswegen es diese Verbote gibt. Der übermittelte Eindruck ist einfach vollkommen falsch. Die Gründe werden vorsätzlich verschwiegen und dass ist einfach nur assozial. So, jetzt hab ich genug abgeranted. Ich fühl mich nach so einem Text irgendwie besser. In diesem Sinne       🖤💛❤️ AboriginalLivesMatter ✊🏿✊🏾✊🏽✊🏼✊🏻✊

 
[1] https://savegrampiansclimbing.org/
[2] https://www.verticallifemag.com.au/2019/08/reconciliation/
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Blood_Hole_massacre
[4] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_massacres_of_Indigenous_Australians

Horsham ist vor allem langweilig. Aber es gibt halt die Arapiles und die Grampians sind auch nicht weit. Das wertet diesen Ort für mich sehr stark auf. Durch Rob hab ich jetzt viele coole Leute kennengelernt und weiß, wohin ich beim nächsten mal gehen kann. Und ich werde wiederkommen! Der Artikel hat ein bisschen länger auf sich warten lassen. Ich musste auch ein wenig recherchieren. Mittlerweile bin ich in der Nähe von Sydney. Darüber gehts dann im nächsten Blogpost. Lasst es euch gut gehen und installiert die Corona-Warn-App! Sie ist definitiv hilfreich und Datenschutztechnisch völlig unbedenklich (jedes Smartphone spioniert euch im Werkszustand mehr aus).

Grüße

Lars

2 Kommentare zu „Klettern in den Arapiles“

  1. Ein nicht nur interessanter, sondern auch leidenschaftlicher Beitrag. Wichtig, sich mit der Geschichte auseinander zu setzen und die Gründe z.B. des Kletterverbotes zu hinterfragen. Alles Gute für weitere Vorhaben.

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